Berichte der Literaturgruppen


 

Anne Tyler, Der leuchtend blaue Faden, Zürich 2016

                  Ein literarisches Stenogramm

 

                   Der allmähliche Verfall einer Familiendynastie

Die Leser, noch mitten im Leben

Meist Frauen, also Leserinnen

Sie lieben die kesse, scharfsinnige Erzählerin

Charakter und Tiefe, ihr Markenzeichen

Eine Familiengeschichte!

Kindheit und Aufstieg Erich Kästners

Unsere Literaturgruppe „Schöne deutsche Sprache“ beschäftigt sich z. Zt. mit Erich Kästner. Es werden Gedichte und Prosatexte des Autors vorgetragen und besprochen und alle Teilnehmer loben die Sprachkost, die Ironie und Lockerheit seiner Schriften. Dabei werden immer wieder die thematisierten menschlichen Schwächen zur Sprache gebracht. Selbst wir Heutigen erkennen vieles in uns wieder und  blicken lachend in  uns hinein.

Da liegt es nahe, auch über das Leben des Dichters zu sprechen. Schnell wird uns klar, dass in seinen autobiographischen Äußerungen manches verschwiegen oder zumindest geschönt wird. Ich möchte mich daher an einem literarischen Stenogramm versuchen, will es  nicht ein Poem nennen.

Im ersten Teil dieses Vorhabens kommt die Eheschließung der Eltern (1892), der Lichtblick der erichschen Geburt (1899), der allmähliche Aufstieg zu Ruhm und Ehre (die Gedichts-sammlung „Lärm im Spiegel“ und der Vorabend zum Erfolgsroman „Emil und die Detektive“) zur Sprache. Der Text baut eigene Assoziationen bei der chronologischen Darstellung ein.

Last und Lust im Zuge der Befreiung

Das alte geht zu Ende

                          Ein neues Jahrtausend klopft an die Tür
Erich geboren
                          Jubel in kleiner Hütte
                                                    Dresden 1899
                                                                     Keine Pegida in Sicht 

Mutter

           Ida Augustin


Der Bruder

               reichster Pferdehändler der Stadt
                                                        
Und der Vater?

              Tüchtiger Handwerker, 24 Jahre alt und ein schlechter Tänzer

Ida
      Von den Schwestern gedrängt
                                                      Sie wollte ihn eigentlich nicht

Jetzt liegt sie  mit Klein-Erich im Bett

Sie lächelt
                  Eine Lebensaufgabe
                                                  Vielleicht auch Freiheit
Gibt es einen Schattenvater?
                                      Klatschmäuler flüstern von Dr. Zimmermann
Erich wächst heran
                             Ein kluger Bub
                                                   Klassenbester in der Volksschule

Weiterführende Schulen kosten Geld
                                                        Das ist nicht vorhanden

Mutter treibt den Jungen an                                                                                                   Will  die geliebte Mutter nicht enttäuschen
                                                            Kämpft in der Kinderkaserne
Die einzige Chance
                                Lehrerseminar

Andere wollen siegen
                                  Glauben an die  deutsche Überlegenheit  
1914
         Weltkriegskatastrophe
                                             So viele Tote!

Erich
         Ab in die „Fußartillerie“
                                                 Drill, Gehorsam, Sadismus
Sergeant Waurich hat das Sagen

                                  Qualen der Schutzbefohlenen sind seine Freude

Später im Gedicht

                   Waurich zum Soldaten Erich Kästner:

                  „Wenn du meinen Revolver hättest brächtest du mich um?

Da hab ich „ja“ gesagt“
                                       (aus: Lärm im Spiegel,1928)

Der Krieg verloren
                          Ihm blieb die Front erspart

                                        Die Tür zum Gymnasium steht jetzt offen

Auf zur Freiheit!
                           Zur Vollendung!

Studium in Leipzig, Rostock und Berlin

Und dann auch noch
                               Liebe auf Augenhöhe
Ilse Julius
                  Ein Mädchen  aus ärmlichen Verhältnissen 18 Jahre alt

So klug
                                                                                                                                            Studiert Chemie

Man trifft sich
                    Im Cafe´
                               Und Anderswo
                                                  Diplom-Ingenieurin und Promovierte

Sie will kein Lotterleben führen wie Erich

8 Jahre hält die Beziehung
                                       So viele Seitensprünge
                                                                          Sie will nicht mehr

Erich sieht sich für feste Bindungen nicht erschaffen
                                                                          Will den Ausstieg
                                                                                                                   Das Ende 1926

Was bleibt, ist ein Gedicht:

„Als sie einander acht Jahr kannten
(und man darf sagen: sie kannten sich gut),
kam ihre Liebe gänzlich abhanden.
Wie anderen Leuten ein Stock oder Hut.

Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.“
(Sachliche Romanze, 1929)

Erich macht weiter
                         Cafe´, Frauen, Gedichte, Zeitungsartikel und Studium
Ganz nebenbei
                         Aus dem Sattlersohn wird Dr. Erich Kästner
Erfolge, Erfolge
                         Immer weiter nach oben
Und vor der Tür
                        Steht schon Emil Tischbein
                                          und neben ihm der kleine“ Dienstag“

Und, und, und
                        Noch manches folgt.

Geduld, Geduld

 



Wolfgang Schwarz  Dezember 2018